Volcán Villarrica

 

Manchmal muss man von den Dingen 250 Kilometer entfernt sein, um sie zu sehen – der Vulkan Osorno war nicht zu entdecken, als wir direkt davor standen, einige Busstunden davon entfernt strahlt die weiße Kuppe am blauen Himmel.

Aber dafür war auch einiges an Anstrengung nötig. Zunächst verlassen wir Puerto Varas in immer noch strömendem Regen in Richtung Pucón. Die Wettervorhersage sagt für die nächsten Tage Sonne und angenehme 25 Grad voraus, ganz so warm wird es zwar nicht, aber es gibt viel Sonne und strahlend blauen Himmel. Pucòn stellt sich als ein ganz netter Ort heraus, der vor allem durch seine Lage am Lago Villarrica und am gleichnamigen Vulkan bei Touristen beliebt ist. In den Hauptstraßen befinden sich daher zahlreiche Cafés, Restaurants und Agenturen für alle möglichen Action-Sportarten. Obwohl wir diesen Trubel eigentlich nicht so mögen, gefällt es uns hier gut und wir beschließen uns einer Tour auf den Villarrica anzuschließen, was nur bei entsprechendem Wetter machbar ist. Wenn also alles gut läuft stehen wir morgen auf einem aktiven Vulkan und werfen einen Blick ins Erdinnere. Und zunächst sieht es gar nicht gut aus. Im Ort kommt morgens ein richtiger Wind auf und wir befürchten gar nicht erst loszugehen (und umsonst früh aufgestanden zu sein). Wir machen uns dann aber doch auf den Weg und erreichen den Fuß des Berges bei Sonnenaufgang und Windstille. Vor uns liegen 1400 Höhenmeter (ok, die ersten 400 überbrücken wir mit dem Sessellift), die wir vollgepackt mit Steigeisen, Eispickel, Gamaschen und allem Drum und Dran hinauf müssen/wollen. In einer Kolonne von zunächst ca. 25 Leuten geht es langsam und steil den Berg hinauf, nach ca. 1,5 Stunden erreichen wir das Gletscherfeld und mühselig kämpfen wir uns mit der Ausrüstung weiter nach oben. Aufgrund des starken Regens (bzw. hier oben Schnees) in den letzten Tagen, hat sich dickes Eis gebildet und zunächst heißt es auf halbem Weg, dass wir nicht weiter können und umkehren müssen. Die Bedingungen mit Eis, Schnee und Geröll wären zu gefährlich. Enttäuscht genießen wir die grandiose Aussicht auf die Seen, die Anden, den Vulkan Llaima und auf das Eis um uns herum – aber eigentlich wollen wir doch da hoch! Eine kleine Gruppe einer anderen Agentur steigt bereits schon wieder ab, wir warten noch etwas und nach 30 Minuten geht es dann plötzlich doch weiter. Warum wissen wir nicht genau, aber wir freuen uns, dass wir vielleicht doch noch auf den Gipfel kommen. Über extrem steile Eisfelder geht es weiter, an riesigen Eisblumen und -zapfen vorbei, über die letzten Meter Geröll und dann haben wir es tatsächlich geschafft: Wir sind oben auf 2.845m! Uns bleibt nicht so viel Zeit hier oben, denn aus dem Krater steigen giftige Dämpfe auf, die extrem in Nase und Mund beißen. Dennoch – die Aussicht in alle Richtungen ist der Wahnsinn, nach Norden u.a. die Vulkane Llaima und Conguillo, nach Osten die Anden und der Vulkan Lanin und nach Süden weitere Vulkane, wie den 250 Kilometer entfernten Osorno, den wir vor Ort nicht sehen konnten, und den Cerro Tronador (ca. 320 Kilometer Luftlinie). Und während man den Ausblick genießt, schaut man nebenher noch in das rauchende, dunkle Kraterloch. Irgendwie beängstigend, wenn man hier ausrutscht, dann fliegt man nicht einen Berg hinunter, sondern man landet im Erdinneren und ist einfach für immer weg… Nach kurzer Zeit machen wir uns wieder auf den Weg nach unten, über das Schnee- und Eisfeld soll es auf dem Hosenboden gehen, ganz einfach Hinunterrutschen, wofür wir extra eine Schneehose und -Jacke mit nach oben geschleppt haben. Mit dem Eispickel als Bremsinstrument geht es den steilen Hang hinunter, zum Teil richtig schnell und auf jeden Fall mit viel Spaß.

Zurück in Pucón wechseln wir schnell die Klamotten und ab geht’s mit Badehose und Bikini zum schwarzen Sandstrand. Was für eine herrliche Abkühlung im See nach der anstrengenden Tour.

Den nächsten Tag wollen wir ruhig im Nationalpark Huerquehue angehen, aber das was auf der Karte wie ein kurzer Spaziergang aussieht, ist plötzlich eine richtige Wanderung, die wir mit müden Beinen gerade so hinbekommen. Dafür werden wir mit schönen Blicken auf den Vulkan Villarrica belohnt und am Abend mit einer etwas größeren Portion Eis. Wer kann denn schon wissen, dass man bei einer Bestellung von „2 Geschmäckern“ pro Geschmack 3 Kugeln bekommt? Mit also pro Person 6 Kugeln Eis im Bauch schlafen wir himmlisch…