Ein Stück Europa in Afrika – nur anders

 

Als wir Lilongwe, Malawis Hauptstadt, erreichen sind wir erst einmal völlig baff, denn hier gibt es so verrückte Dinge wie Ampeln, einen Audi, einen Volvo, Frauen hinterm Steuer und zur absoluten Krönung den ersten „richtigen“ Supermarkt seit Peru! Und davon nicht nur einen, sondern gleich vier innerhalb eines Einkaufskomplexes. Wir sind begeistert und kaufen fleißig Müsli, Eis, Joghurt, Käse, Schokolade, Marmelade und Brot. Obwohl das Essen in Malawi, und die vielen Pfannkuchen zum Frühstück sowieso, ziemlich gut sind, vermissen wir doch einige Dinge, die zu Hause einfach selbstverständlich sind. Drei volle Tage bleiben wir in Lilongwe und das nur wegen schnellem Internet und großen, westlichen Supermärkten. Zu sehen gibt es hier überhaupt nichts, die sogenannte „Old Town“ ist ungefähr so interessant wie ein durchschnittliches deutsches Industriegebiet. Spannend ist dagegen eher unser Behördengang, denn wir müssen bei der Einwanderungsbehörde unser Visum verlängern: In Büro A heißt es lange warten bis wir ein Formular zum Selbstausfüllen bekommen, ausgefüllt müssen wir dann wieder anstehen und wir bekommen einige Vermerke darauf und irgendwann auch eine Unterschrift vom Chef. Mit dem nun vollständigen Formular geht es in ein anderes Gebäude, zu einem Bankschalter, wieder stehen wir hinten in der langen Schlange. Als wir vorne am Schalter ankommen, meint die Beamtin, sie muss kurz etwas Wichtiges erledigen und sie verschwindet für zehn Minuten. Topgestylt mit neuem Lippenstift kommt sie wieder, es müssen ja bis Feierabend noch 30 Minuten gearbeitet werden. Hier bezahlen wir die Kosten für die Verlängerung und müssen mit der Bezahlbestätigung zum nächsten Schalter, wo wir dann wiederum eine Bestätigung der Bestätigung bekommen, dass wir bezahlt haben. Mit der Bestätigung und der Bestätigung der Bestätigung wandern wir zurück zu Büro A, das inzwischen geschlossen ist. Wir haben keine große Lust morgen nochmals hierher zu kommen, schmuggeln uns am Drehkreuz vorbei und der freundliche Beamte bearbeitet unsere Pässe tatsächlich noch und zack, schon haben wir unser Visum verlängert. (Vermutlich ist das aber in Deutschland genauso kompliziert!)

Von Lilongwe machen wir uns auf den Weg zu den Mulanje-Bergen im Süden Malawis. Kaum haben wir die Großstadt verlassen, sehen wir wieder das von Armut geprägte Bild: Ochsenkarren, mit Stroh bedeckte Hütten, fast alle Menschen ohne Schuhe, Kinder nur mit selbst gemachten Spielsachen (z.B. “Bälle” aus Plastiktüten zusammengeschnürt), öffentliche Brunnen für Trinkwasser und Wäsche, Warentransport vor allem auf dem Kopf oder per Fahrrad… Mulanje erreichen wir nach mühsamen Minibusfahrten am späten Nachmittag und wir können schon vom Ort aus sehen, dass uns die geplante Wanderung für die nächsten Tage sehr anstrengen wird. Die Mulanje-Berge liegen wie eine riesige Insel in der Ebene, wie eine Festung, die 1000 bis 2000 Meter nach oben ragt und die sich nur über steile Felswände und Hänge erreichen lässt. Ringsum ist es eben und wir wollen da hinauf? Ja, wir wollen es versuchen und am nächsten Tag geht es mit Guide früh morgens los. Der Anstieg ist etwas zu steil geraten, aber das konnten wir erwarten und nach einigen Stunden erreichen wir das Plateau, das 1200 Meter über unserem Startpunkt liegt und bald sind wir auch schon bei der ersten Berghütte angekommen. Hier sind die Hütten einfach, dafür sehr gemütlich und abends können wir auf dem Kaminfeuer kochen und uns daran aufwärmen, denn nachts wird es ziemlich kalt. Bevor die Sonne untergeht, besuchen wir aber noch einen natürlichen Swimmingpool unter einem kleinen Wasserfall (das Wasser ist eiskalt, aber erfrischend) und einen Aussichtspunkt mit spektakulärer Sicht auf die Ebene tief unter uns.

Am zweiten Tag in den Bergen wandern wir weiter zur Chambe-Hütte, es geht auf und ab, vorbei an den hohen Gipfeln, wir begegnen barfußlaufenden Holzfällern auf den steinigen Wegen, genießen die Blicke in tiefe Schluchten, erklimmen selbst einen kleineren Gipfel, überqueren viele Bäche bis wir dann die Hütte erreichen, die genauso wildromantisch ist wie die erste. Es ist in den Mulanje-Bergen ein bisschen wie in den Alpen, nur irgendwie auch ganz anders, was wir beim Abstieg schnell merken. Unter einem großen Wasserfall in fast schon tropischem Grün können wir uns nochmals erfrischen und baden. Und dann sind drei Tage Wandern auch schon wieder vorbei, aber zum Abschluss müssen wir irgendwie wieder zurück nach Mulanje-Town kommen. Unser Guide meint, ein Fahrradtaxi sei das Beste, also gut, wir haben nichts gegen ein neues Transportmittel und schnell sind drei Fahrer gefunden. Wir setzen uns hinten auf den gepolsterten Gepäckträger, es gibt einen kleinen Griff für die Hände und zwei winzige Metallstückchen für die Füße. Überraschenderweise ist es recht bequem und die Fahrer haben kaum Mühe uns (immerhin mit Wanderrucksack) ohne Gangschaltung über die sechs Kilometer lange staubige Straße zurück nach Mulanje zu bringen. Durch wunderbar grüne Teefelder lassen wir uns zurückfahren, wo wir uns eine große Pizza gönnen und uns von drei schönen, anstrengenden und nicht typisch-afrikanischen Tagen erholen.

2 Gedanken zu „Ein Stück Europa in Afrika – nur anders“

  1. wow, respekt…das sieht wunderschön und auch echt anstrengend aus….
    und bei den supermärkten und schnellem internet musste ich echt schmunzeln…weiß noch genau wie wir uns über solche dinge die in dtl alltäglich sind extrem gefreut haben und manchmal bis zu einer woche deswegen „hängengeblieben“ sind 😉 weiterhin viel glück und alles gute, herzliche grüße aus der heimat

    1. ja, schon verrückt über welche Belanglosigkeiten man sich freuen kann. Aber wenn es überall so wäre wie zuhause wäre es ja auch langweilig…

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