Sonne satt am Lago Titicaca

 

Nachdem wir Rurrenabaque doch noch sicher per Flugzeug verlassen können, begeben wir uns wieder innerhalb von 30 Minuten von 150 auf fast 4.000 Meter Höhe und erreichen die größte Stadt Boliviens, (Nuestra Señora de) La Paz. Da wir beide gerade nicht besonders große Lust auf Großstadt haben und die Stadt uns auch nicht sonderlich zusagt, bleiben wir nur einen Tag hier. Die Lage der Stadt ist sehr beeindruckend, in einem tiefen, canyonartigem Talkessel gelegen, ringsum ragen steil die dicht bebauten Hänge auf, dahinter die schneebedeckten Sechstausender der Cordillera Real. In La Paz selbst gibt es zwei ganz nette Plätze, ansonsten wahnsinnig viel Gewusel, viele Souvenirshops und den Hexenmarkt, den wir eigentlich gern besuchen würden. Dort kann man (zumindest laut Reiseführer) sich mit Kokablättern die Zukunft lesen lassen oder sich irgendwelche Lamaknochen kaufen, die, unterm Kopfkissen versteckt, Unheil abhalten sollen. Leider scheint an diesem Tag kein Markt zu sein, wir können ihn einfach nicht finden, es ist im wahrsten Sinne des Wortes wie verhext.

Am nächsten Tag machen wir uns früh auf den Weg nach Copacabana am Titicacasee. Und allen EAV-Fans können wir sagen, dass einem “an der Copacabana und am Wörthersee…” einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Die Fahrt dorthin führt mal wieder durch tolle Landschaften, auch hier hat man die vielen weißen Gipfel im Blick und eine kleine Stelle des Titicacasees müssen wir per Boot überqueren, wobei unser Bus auf einer sehr wacklig aussehenden “Fähre” (eher ein schwimmendes Holzgestell) untergebracht wird, die immerhin Platz für diesen Bus und ein Auto hat. Hier rund um den See haben die alten Andenkulturen noch ihren festen Platz im Leben und wir sehen viele traditionell gekleidete Männer und Frauen, mit ihren Schürzen, Melonenhüten und großen, bunten Säcken auf dem Rücken. Darin wird eigentlich alles mögliche getragen, von Popcorn, Früchten, über ganze Koffer hin zu Babys. Als wir Copacabana erreichen findet gerade die Fiesta de las Cruzes statt, ein religiöses Wallfahrt-Fest, das mit jeder Menge Blasmusik und Bier gefeiert wird. Und da das bereits der vierte Tag des Fests ist und die Musiker, zumindest sehen sie so aus, schon ziemlich fertig sind, wird die Musik immer lauter und schrammeliger, es erinnert einen eher an Guggenmusik zu Faschingszeiten. Im Lauf des Nachmittags sehen wir so viele ältere Menschen, die feiernd und grölend mit ihren Literflaschen Bier durch die Straßen schwanken, sich gegenseitig stützen oder einfach am Straßenrand einschlafen. Es ist unglaublich lustig, wenn man die Leute beobachten kann wie sie den (angeblich) letzten Festivaltag ausgiebig feiern. Langsam aber sicher erobert der Biergeruch die Straßen und auch nach Stunden spielt die Blaskapelle ohne Kompromisse und vor allem ohne Pause die immer selben Rhythmen.

Nebenbei besteigen wir aber noch einen Viertausender, die 100 Höhenmeter schaffen wir in einer halben Stunde, und genießen die wunderbare Aussicht auf die Stadt und den riesigen See, der Richtung Peru kein Ende zu nehmen scheint. Die weiteren Tage verbringen wir etwas ruhiger und kultureller am See und auf der Isla del Sol (Sonneninsel), die zu Inkazeiten eine heilige Stätte war, denn hier wurden nicht nur zwei Gottheiten geboren, sondern auch die Sonne selbst! Gemeinsam mit einem französischen Pärchen durchqueren wir die kleine Insel von Norden nach Süden auf einem alten Inkapfad, wir genießen die Aussichten auf den tiefblauen See, die brennende Sonne, besichtigen einen alten Inkastein und kämpfen mit der Höhe, die einen ganz schön aus der Puste bringt. Manchmal kommt ein Anstieg von gerade mal 20 Metern und man muss danach kurz eine Pause einlegen, um wieder zu Luft zu kommen. Dennoch gefällt uns die Insel sehr gut, hier gibt es keine Autos, nur wenig, was an das moderne Leben erinnert. Die kleinen Dörfer wirken wie italienische Bergdörfer, nur dass man sich 150 Jahre zurückversetzt fühlt. Es ist unglaublich entspannend die Zeit und eine Nacht auf der sonnenverwöhnten Insel zu verbringen. Am nächsten Morgen geht es per Boot wieder zurück nach Copacabana, wo wir uns an einer Strandbar zu lauter Reggaemusik Pisco Sour und frische Säfte genehmigen. Später kommt dann doch noch mal ein Feierzug mit Blasmusik und feiernden Einheimischen vorbei und wir wundern uns, ob denn das Fest nie ein Ende nimmt.

Nach drei Tagen reichlich Sonne in und um Copacabana machen wir uns auf den Weg nach Puno, Peru. Wir verlassen also Bolivien, das uns so gut gefallen und vor allem sehr überrascht hat: mit vielen extrem beeindruckenden Landschaften, mit sehr leckerem Essen zu fast schon lächerlich niedrigen Preisen, mit den vielen freundlichen, traditionellen Menschen, mit frischen, exotischen Fruchtsäften, von denen einer besser schmeckt als der andere (wir sind im Übrigen von Eis auf Fruchtsäfte umgestiegen). Vermissen werden wir auch die vielen Verniedlichungen der Bolivianer: bananita, momentito, alkoholito, bolsita, cocinita usw. (also Banänchen, Momentchen, Alkohölchen, Tütchen…, das ist hier noch besser als bei den Schwaben!). Nicht vermissen werden wir jedoch das allgegenwärtige Gedudel der bolivianischen Popmusik, ein Mix aus Anden-Panflöten, chinesisch klingendem Gejaule und irgendwelchen Piepstönen. Da hören wir doch lieber die möglichst laute Musik von angetrunkenen Blasmusikern.