Von Schmugglern, Eis und Guanacos

 

Nach unserer Tour durch den Torres del Paine müssen wir uns zunächst drei Tage lang erholen, was wir mit Avocado-Burgern, Calafate-Beeren-Eiscreme und Sonnenbrand auch ganz gut hinbekommen! Danach soll es weiter Richtung Norden gehen. Da der äußerste Süden Chiles nicht durch eine Straße mit den restlichen Landesteilen verbunden ist, müssen wir durch Argentinien reisen. Mit einem vollbesetzten Reisebus dauert das eine ganze Weile, bis jeder einzelne Passagier sowohl auf der chilenischen als auch auf der argentinischen Seite die Passkontrollen hinter sich gebracht hat. In Argentinien verbringen wir nur eine kurze Nacht in El Calafate, bevor es mitten in der Nacht mit dem nächsten Bus weiter nach Los Antiguos geht. Auf den nächsten 700 Kilometern fahren wir durch sage und schreibe zwei winzige Ortschaften, die hier mitten in der Steppe liegen. Sonst gibt es hier nichts außer unendlichen Weiten, Steine, Sand und ein paar Grasbüschel. Die 2-3 stündige Panne macht die Fahrt nicht spannender, aber spätabends erreichen wir Los Antiguos, eine kleine Oase mit vielen Kirsch-, Pfirsich- und Apfelbäumen. Da das Hostel hier eher weniger schön ist, soll es gleich am nächsten Tag weiter nach Chile Chico, nur 9km weiter auf der chilenischen Seite, gehen. Wir kaufen morgens noch frisches Obst und Gemüse ein, um dann an der Grenze festzustellen, dass man keine frischen Lebensmittel, keine Milchprodukte und auch keine Gewürze einführen darf. Die Folge: Alle Karotten, Äpfel und Bananen schnell essen; Käse, Pflaumen und Gewürze versuchen wir so über die Grenze zu bringen. Die Pflaumen werden schnell entdeckt und wir müssen auch die noch verdrücken. Bei den andern Sachen haben wir mehr Glück und abends freuen wir uns über den geschmuggelten Käse in den Spaghetti. In Chile Chico ist nicht viel los, aber wir finden einen schönen Campingplatz am See und genießen das traumhafte Sommerwetter mit Eis (und neu gekauftem Obst) am riesigen Lago General Carrera (zweitgrößter See Südamerikas). Nach zwei Tagen Nichtstun geht es mit der Fähre einmal quer über den See und weiter nach Coyhaique, der einzigen etwas größeren Stadt der Region.

Coyhaique liegt ungefähr in der Mitte der legendären Carretera Austral, die sich hier auf der chilenischen Seite durch die Wildnis schlängelt. Sie gilt als eine der Traumstraßen der Welt und wurde erst in den 80er-Jahren gebaut, damit die wenigen Dörfer nicht nur per Boot erreichbar sind. Wir beschließen daher einen Mietwagen zu nehmen, um ein bisschen auf der Carretera Austral zu fahren – und da es sich größtenteils nur um eine raue Schotterpiste handelt, wird uns ein Pick-Up ans Herz gelegt. Zum Glück, mit einem normalen Auto würde man hier nicht weit kommen. Es geht ca. 350km nach Süden durch absolut traumhafte Landschaften: trockene Steppenlandschaft, Regenwälder, an türkisen Seen und Flüssen vorbei, immer hoch und runter, die vergletscherten Berge im Blick, aber auch durchgehend extrem holprig, durch unendlich viele Schlaglöcher und über Stock und Stein. Durchschnittsgeschwindigkeit ca. 40 km/h. Aber wir haben ja Zeit… Die Campingplätze in der Region sind ebenso toll, direkt am See und mitten in einer wunderschönen Berglandschaft. Auf einem Platz trabt eine Herde Guanacos direkt am Zelt vorbei. Nur nachts können wir uns von den vielen Eindrücken der Fahrt nicht richtig erholen: in einer Nacht ist es so kalt, dass das Zelt morgens leicht gefroren ist und sich oben eine Eisschicht gebildet hat, in der nächsten Nacht hört es sich an als würden sich drei Hunde direkt neben unserem Zelt zerfleischen. Wir erwarten am nächsten Morgen schon eine Hundeleiche neben dem Zelt, aber zum Glück ist keine zu sehen.

Im zukünftigen Nationalpark „Patagonia“ unternehmen wir noch eine 25km lange Wanderung, die uns an zahlreichen Seen und an sehr vielen Guanacos vorbeiführt, die uns alle neugierig anschauen. Ohne schweren Rucksack und mit etwas Übung läuft es sich ganz schön leicht! Im Tal sehen wir Flamingos und um jede Kurve zeigt sich ein neuer, toller Blick auf das Chacabuco-Tal und die Hügel- und Berglandschaft. Noch besser gefallen uns aber die kleinen Ortschaften, die im Nichts liegen, meist an einem der wunderschönen, unglaublich blauen Seen. Es ist hier einfach wahnsinnig faszinierend.

Auf dem Rückweg nehmen wir zwei nette Tramper aus Israel mit und besuchen unterwegs noch die „Capillas de Marmol“, Marmorhöhlen am Seeufer des Lago General Carrera, die sich im Lauf von Millionen Jahren hier eingeschliffen haben. Vor allem mit dem blauen Wasser sehen die Felsen/Höhlen richtig beeindruckend aus. Bei der Rückfahrt mit dem kleinen Motorboot haben wir bei ca. zwei Meter hohen Wellen eine ungeplante, aber sehr spaßige Action-Tour. Das Boot wird ordentlich durch die Wellen gerissen, aber unser Steuermann hat (scheinbar) alles gut im Griff. Da braucht man nicht mehr zum Rafting oder ähnlichem gehen.

Nach vier Tagen harter Fahrt (unser Nissan hat alles ohne Probleme, dafür komplett eingestaubt, überstanden) freuen wir uns wieder auf zumindest etwas Zivilisation und vor allem auf eine Teerstraße. Allerdings geht es morgen mit dem Bus weiter nach Norden auf der Carretera Austral, d.h. 12 Stunden Busfahrt auf einer Schotterpiste. Unsere Vorfreude hält sich in Grenzen, aber wir sind froh, dass wir hier überhaupt einen Bus bekommen haben, denn hier fahren nicht allzu viele. Nächste Stopps: Chaitén, Parque Pumalin und dann weiter nach Puerto Montt.

2 Gedanken zu „Von Schmugglern, Eis und Guanacos“

  1. Sehr beeindruckende und absolut wunderschöne Bilder! Einfach nur toll!! Eher eine Qual, sich das in der Lernphase anzuschauen 😀 aber wünsche euch natürlich weiterhin ganz viel Spaß und noch mehr so tolle Ausblicke!

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