Wüstenwelten

 

Die deutsche Vergangenheit Namibias erreicht uns schon als wir das Busticket von Livingstone nach Windhoek kaufen: Ankunft in der Bahnhof Street. 22 Stunden später sind wir auch schon da und über die Talstraße erreichen wir unser Hostel in der Voigtstraße. In der deutschen Buchhandlung finden wir einen deutschsprachigen Reiseführer und im Supermarkt können wir uns nicht zwischen Vollkorn-Bread, Schinken-Bread und Berlinerland-Bread entscheiden. Es ist richtig eigenartig so viel deutsch zu hören und zu lesen, an jeder Straßenecke finden wir etwas aus der deutschen Vergangenheit. Windhoek wirkt im Vergleich zu all den bisherigen afrikanischen Städten sehr aufgeräumt, es gibt Bürgersteige, die nicht nur Sandflächen sind, die Straßen sind in sehr gutem Zustand und das allgemeine Menschengewusel ist einfach verschwunden. So schnell haben wir das quirlige Afrika verlassen, hier dagegen spürt man den europäischen Einfluss überall. Es ist ein eigenartiges Gefühl, denn wir werden die extrem lebendigen Märkte, die vielen Menschen auf den Straßen, die herrlichen Minishop-Namen (z.B. ”Don’t extpect too much-Shoppingcentre” oder “It’s a little bit chaotic-Shop”) und das lebensfrohe Afrika, das wir in Tansania, Malawi und Sambia erfahren haben, mit Sicherheit vermissen. Jetzt sind wir aber hier in Namibia und spüren, dass wir so langsam wieder Richtung “Westen” kommen. Im Vergleich zu unserem letzten Besuch in Windhoek vor sechs Jahren hat sich einiges getan, es wird gebaut an allen Ecken, die gute alte deutsche Reiterstatue wurde abgebaut (die an die gefallenen deutschen Soldaten zu Kolonialzeiten erinnerte, aber natürlich nicht an die Tausenden Toten unter den Einheimischen), dafür finden wir ein neues Museum in einem schrecklichen Gebäude, das von einem nordkoreanischen Architekten gebaut wurde. Man kann sich ja vorstellen wie so etwas aussieht:
Museum Windhoek

Windhoek verlassen wir aber bald wieder und wir machen uns mit dem Mietwagen auf in die Wüste. Einfach auf eigene Faust fahren, stoppen wo wir möchten, die Zeit so verplanen wie es uns passt… Dazu gute Musik im Autoradio, das Gefühl von Freiheit ist wunderbar. Über den Remshoogte Pass und dem schon hunderte Kilometer angeschriebenen Solitaire (immerhin 90 Einwohner) erreichen wir die ersten Ausläufer der Namibwüste und einen Tag später sind wir auch schon mitten im roten Sandmeer. Die Unendlichkeit der Wüste fasziniert uns sofort: eine Düne nach der Anderen, die Dünenkämme vom Wind perfekt geformt, roter Sand und dunkle Schatten in der tiefstehenden Sonne. Eine kleine Wanderung zu einem der Vleis, flache Lehmböden zwischen den Dünen, beschert uns einsame, einmalige und wunderschöne Stunden in der Weite der Namibwüste. Und auch eine Besteigung einer der größten Dünen der Welt (300 Meter hoch) macht uns großen Spaß, auch wenn es extrem anstrengend ist, denn mit jedem Schritt nach oben rutscht man im Sand wieder einen halben zurück. Oben angekommen können wir dafür eine tolle Aussicht über die Wüste und die angrenzenden Berge genießen. Noch größeren Spaß macht der Abstieg, denn wir rennen die Querseite der Düne nach unten: 300 Meter einfach in die Tiefe rennen, mit riesigen Schritten abwärts, die Schuhe versinken tief im Sand. Das einzige was uns aufhalten kann, sind die zahlreichen Sandkörner in Schuhen, Augen und zwischen den Zähnen. Egal, der Spaß ist es wert. Abends posieren die imposanten Oryx-Antilopen vor den Dünen und wir können, trotz ordentlich Sand im Zelt, müde einschlafen. Die Landschaft hier gehört sicherlich zu einem der Highlights unserer Reise, wo sonst kommt man auf so leichte Weise in so eine atemberaubende Wüste?!

Über unendliche Sand- und Schotterpisten schlagen wir uns weiter bis nach Swakopmund am Atlantik durch. Als wir auf dem alten Steg am Strand stehen fällt uns auf, dass wir jetzt tatsächlich Afrika einmal von Ost nach West durchquert haben! Verrückt, wir können es kaum glauben. Swakopmund, zu deutschen Zeiten Swakopmünde, ist wohl die deutscheste Stadt Namibias, wo wir sogar Butterbrezeln, die Kaiser-Wilhelm-Straße, viele weitere alte Relikte aus der Kolonialzeit und – zum ersten Mal in Afrika – eine Eisdiele mit offenem Eis in Waffeln finden. Nach unseren 100 Eiskugeln in Südamerika ein echter Traum. Traumhaft schmeckt auch die Marmelade “Danish Choice”, made in Poland, imported by South Africa, gekauft in Sambia und nun endlich gegessen in Namibia. Nicht zu verachten sind auch namibische Linzertorte und Apfelstrudel. Nach all den bisherigen Ländern die früher englische Kolonien waren, müssen wir sagen, dass die Deutschen wenigstens besseres Essen hinterlassen haben.

Aber eigentlich sind wir ja nicht (nur) zum Essen in Namibia, wir wollen auch noch etwas von der wunderbaren Landschaft genießen – und das können wir ganz besonders gut bei der Spitzkoppe, “Afrikas Matterhorn”. Zwischen den riesigen Felsen und Steinkugeln finden wir einen herrlichen Campingplatz, der nächste Stellplatz liegt mindestens 150 Meter von uns entfernt, wir können über offenem Feuer grillen und den fantastischen Sternenhimmel beobachten (die Milchstraße sehen wir fast von Horizont zu Horizont). Es ist einer dieser perfekten Plätze, warum man dieses Land einfach lieben muss! Tagsüber kraxeln wir bei heißen Temperaturen über die großen Steine, über rote Felsen, durch eigenartige Steinformationen und wir besteigen einen kleineren Felshügel. Die Dimensionen verschieben sich in dieser Welt aus Stein und Sand und wir selbst werden winzig klein. Es ist ein toller Abschluss eines kurzen, aber intensiven Mietwagen-Abenteuers durch die Wüste Namibias bevor wir wieder zurück nach Windhoek müssen. Aber es gibt Schlimmeres, schließlich gibt es ja auch dort Apfelstrudel und leckeren Obstkuchen!

 

5 Gedanken zu „Wüstenwelten“

  1. Schon wieder so tolle Bilder! Vor allem das eine, auf dem Susi die Düne runterrennt! Super getroffen! Das könntet ihr fast zu nem Fotowettbewerb schicken…

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